Einmal im Leben eine Weltmeisterschaft
von Daniela Hempel
Was 2012 „nur“ die Europameisterschaft im Spezialwurf war, sollte dieses Jahr seinen Höhepunkt in der Weltmeisterschaft finden.
Deshalb fuhren Frank und ich am 03.07. nach Ungarn, genauer: nach Tata. Dort befindet sich der Olympiastützpunkt des Landes!
Diese Sportart, die wir hier ausüben, ist eine Ergänzung zu den leichtathletischen Wurfdisziplinen und im Verband LSW organisiert. Sie geht zurück auf die olympischen Ursprünge. So findet das historische Gewichtwerfen mit 25,4kg statt, das 1900 und 1920 olympisch war. Ebenso war Diskus griechisch einst eine olympische Disziplin. Soweit ein kleiner Exkurs.
Dank Facebook war ich bereits lange im Vorfeld mit einigen Teilnehmern, die wir letztes Jahr kennengelernt hatten, in Kontakt. So wusste ich auch, dass 2 Frauen meiner Altersklasse leider nicht dabei sein konnten. Schade! Dafür stand auf der Meldeliste ein neuer und ein bekannter Name. Insgesamt waren in der W35 also nur 3 Teilnehmer gemeldet. Bei Frank in der M35 waren es 7 Männer die gemeldet hatten.
Einmal im Leben wollten wir an einer Weltmeisterschaft teilnehmen – wer weiß ob sich die Gelegenheit noch einmal bietet. Die Wettkämpfe waren wieder auf 3 Tage verteilt und es gab kleine Veränderungen. Ein paar Disziplinen fehlten, dafür kamen andere dazu. Aber das war egal – wir hatten uns wieder alles vorgenommen, was 11 Wettkämpfe bedeutete. Nur wenige traten überall an.
Freitag Vormittag sollte es losgehen. Das erste was mich enttäuschte: es gab keine Eröffnung, keine Begrüßung. Jeder fand sich an seiner Wettkampfstätte ein und los gings. Das Gelände war sehr weiträumig. So kam es oft vor, dass Frank und ich an völlig verschiedenen Enden des Sportplatzes waren und wir gegenseitig nicht sehen konnten, wie es beim anderen lief. Trotzdem startete Frank gleich mit seiner ersten Disziplin – dem Keulenwurf – stark und erreichte mit 53,32m eine neue Bestleistung. Obwohl er deutlich besser war als 2 seiner Konkurrenten war es für ihn nur Platz 4. Ich kämpfte allein beim Keulenwurf und der Anlauf musste auf Asphalt gelaufen werden. Damit waren viele unzufrieden.
Die zweite Disziplin war der historische Gewichtswurf (12,5kg). Kein Problem, denn ob der Kurzhammer nun 9 oder 12,5kg wiegt, macht keinen so großen Unterschied. Mit einer Weite von 7,56m war ich recht zufrieden. Meine Mitstreiterin war so mutig, den schweren Kurzhammer einarmig zu werfen und kam damit einen Meter weiter. Frank musste 25kg bewegen und erreichte 4,78m und damit Platz 2. Er verbesserte sich zum Vorjahr um 2o cm, bei mir waren es 11 cm.
Speerorama (Kugelwurf mit 3 verschiedenen Gewichten) war das nächste. Mit jedem Gewicht hat man 3 Versuche und die jeweils besten Werte werden addiert. Hier holte Frank starke 46,57m. 2012 waren es noch 5 Meter weniger. Ich war leider wieder Einzelkämpfer und war mit 31,29m fast identisch zu 2012.
Der vorletzte Wettkampf war Igmander Hammer. Ein 5kg Langhammer an einer festen Stange die ohne Drehung geworfen werden musste. Bei 19,56m war bei mir Schluss und ich musste mit einem Meter Rückstand auf die Ungarin Eva mit Platz 2 vorlieb nehmen. Frank landete mit 12,40m auf Rang 3, wobei der Männerhammer knapp dreimal so schwer war.
Die letzte Disziplin an dem Tag war das amerikanische Gewicht oder auch Kurzhammer (9,08kg) genannt. Hier konnte ich mich mit 9,40m vor Eva absetzen und wurde Weltmeisterin. Das klingt toll, oder? Für Frank war es wieder Bronze mit einer Weite von 7,85m bei einem Gewicht von 15,88kg.
Mit einem leckeren Abendessen belohnten wir uns und dann war „Muskelpflege“ angesagt.
Der Samstag startete wieder mit glühender Hitze und für Frank mit Schleuderball. Mit 37,30m für ihn eine wirklich gute Leistung, aber keine Chance gegen die Konkurrenz. Ich konnte am 2. Tag endlich meine 3. Mitstreiterin (auch eine Deutsche) kennenlernen. Im Schleuderball war sie mir 3m voraus und wurde verdient Erste. Doch mit dem Wissen, dass sie dies seit 20 Jahren trainiert, war das völlig in Ordnung. Im Schockorama (3 Kugeln werden wie ein Diskus geworfen, ohne Drehung und die 3 besten Werte werden wieder addiert). Hier hat es richtig Spaß gemacht, sich mit Melanie zu messen. Obwohl sie mit über einem Meter Gesamtvorsprung wieder Erste wurde, habe ich mich im Vergleich zum Vorjahr um 2,50m verbessert. Damit war ich sehr zufrieden. Mit einem Gesamtergebnis von 43,02m war Frank nicht ganz so glücklich und auch ein Podestplatz war damit nicht in Sicht.
Im Diskus griechisch wollte es Frank aber dann wissen. Die 5kg Scheibe musste ohne Drehung so weit wie möglich fliegen und im letzten Versuch gelang Frank die Landung auf 13,59m und damit Rang 3. Die Diskusscheibe der Frauen wog hingegen „nur“ 2,5kg und ich konnte mit 13,90m meinen Wert vom letzten Jahr um einen halben Meter und Frank um 1,30m verbessern.
In der brennenden Mittagshitze waren die Frauen mit ihrem schwersten Gewicht an der Reihe. Ein 25kg Stein oder Eisenträger musste in die Sandgrube geworfen werden. Ich war wild entschlossen, mich zu verbessern, denn 2012 war mein Ergebnis 2,70m. Im 2. Versuch erreichte ich 2,78m und war nur noch 8cm von der Erstplatzierten entfernt. Trotz Kampfgeist schaffte ich es nicht, noch weiter zu stoßen. Frank kämpfte an dem Tag mit dem 50kg Gewicht und konnte auch seinen Vorjahreswert von 2,46m auf 2,63m verbessern.
Da es jetzt anfing mit regnen, flüchteten wir schnurstracks zum wohlverdienten Abendessen.
Am späteren Abend sollte dann die feierliche Siegehrung der ersten beiden Tage stattfinden.
Der letzte Tag brach an und noch 2 Wettkämpfe standen auf dem Plan. Mittlerweile war der Muskelkater von den vielen Gewichten doch im Körper angekommen, aber davon wollte ich mich nicht unterkriegen lassen. Dennoch machte es sich an den Ergebnissen bemerkbar. Konnte ich 2012 den 7,5kg Stein am ersten Tag noch bei 6,70m landen lassen, waren es 2013 am 3. Tag nur noch 6,04m. Trotzdem reichte es, um sich gegen die Ungarin durchzusetzen. Bei Frank war es ähnlich. Reichte es in Jüterbog mit dem 15kg Stein noch für 6,05m, waren es in Tata 5,91m und Platz 4.
Zuguterletzt sollte Shotorama absolviert werden. Kugelstoßen aus dem Stand mit 5 verschiedenen Gewichten. Die Kraft fast aufgebraucht und die Sonne lachte schon den 3. Tag breit über den Planeten. 40,23m und damit 1,60m weniger als 2012 war Franks Ausbeute. Bei mir sollten 35,09m das Resultat sein und nur 55cm schlechter als bei der EM 2012.
Die letzten Siegerehrungen wurden durchgeführt und es gab 2 weitere Wertungen. Erstaunlich für Frank: er wurde mit 1454,68 Punkten Strongest Man in der M35! Hier zahlte es sich aus, dass er an allen Wettbewerben teilgenommen hatte, denn seine Konkurrenten kamen nicht in die Wertung, da ihnen mindestens eine Disziplin für die Berechnung fehlte. Außerdem gab es eine Zweikampfwertung (Shoto- und Schockorama zusammen).
Mit insgesamt 5 goldenen und 7 silbernen Medaillen behangen war ich „Sammelsieger“. Mehr Spaß hätte es aber gemacht, wenn noch ein paar mehr Frauen dabei gewesen wären. Dies war generell bei einigen Altersklassen der Frauen zu beobachten. Schade eigentlich. Frank zählte 3 silberne und 3 bronzene Medaillen sein eigen sowie den Titel „Strongest Man“.
Trotzdem waren die wenigen Tage in Ungarn sehr schön. Aus Bekanntschaften wurden Freundschaften, aus Unbekannten wurden nette Kontakte und wir haben viel miteinander geredet, gelacht, uns angefeuert und ausgetauscht. So macht ein Wettkampf Spaß. Großen Anklang fanden unsere SV Elbland-Socken, die wir beide an den ersten Tagen getragen haben.
Wir haben uns vorgenommen, 2014 in Halberstadt wieder gemeinsam anzutreten und vielleicht können wir den ein oder anderen noch dafür begeistern. Hier zählen ausnahmsweise mal nicht nur Höchstleistungen, sondern die Freude am Sport und dem Werfen. Wir sind jedenfalls infiziert.